Text 2. Szene: Der Kinderschänder

Sylvia Wiese hatte es eilig. Aus welchen Gründen auch immer raste sie mit dem Tretroller zurück zu dem Haus in dem sie wohnte. Selbstverständlich hatte das Gerät keinen Motor und so rollte sie besonders sportlich von A nach B. Wobei sie durch die Bank von jeder Person auf einem Rad überholt worden wurde.

Aber irgendwie war sie doch sehr schnell. Schnell in die Einfahrt des Hauses zu fahren und ebenso schnell an dem Fahrzeug vorbei, das auf dem Vorbereich abgestellt war. Kaum für sie von der Straße aus zu sehen. Erst aber in dem Moment, als sie den Wagen, sozusagen rasend, überholte, sah sie was Emil Wolfbring tat. Er hatte sie nicht gesehen. Er war beschäftigt mit dem Knaben. Der Junge der neuen Nachbarn. Der sah sie vor ihm. Und grinste irgendwie. 

Emil hatte den Jungen mit einem Arm fest an sich gezogen. Die andere Hand streichelte den Kopf des Knaben. Sie konnte Wolfbring`s Hüfte sehen, die sich rhythmisch am Körper des Kindes bewegte. Doch, er sprach in dem Moment zu dem Kind und sie konnte es hören. Er sprach, dass sie Geheimnisse haben und der Junge das niemanden davon erzählen darf. Und der Knabe grinste sie dabei an. 

Sie bremste den Tretroller intensiv. Dabei quietschte der Reifen über den Boden. So stand sie fast neben den beiden. Wolfbring ließ ihn los, er drehte sich förmlich weg von dem Knaben und gab eine Art lachen von sich ab. Der Junge drehte sich ab und huschte flott Richtung zu dem Nachbarhaus. Genauso schnell verschwand Wolfbring fast schon rennend zu dem Wohnhaus. 

Und Sylvia stand wie festgefroren an der Stelle, wusste auch nicht mehr, warum sie es vorher so eilig hatte. Ein Gefühl machte sich in ihr breit, als wollte sich der Magen umdrehen. Es fühlte sich an, als wenn sie erbrechen wollte. Sie schwieg. Sie schob den Roller in den Innenhof des Hauses, begab sich zu der Wohnung, begegnete ihm nicht, was sie für sich ganz gut fand. Dass sie diese Situation nicht für sich behalten konnte, nur mit wem sie darüber sprechen könnte, war ihr noch nicht klar.

Wäre sie in ihrem Leben nie einem solchen Menschen begegnet, würde sie vermutlich einer solchen Situation keine Besonderheit unterstellen. Wobei sie die Auffassung hatte, dass es von dieser Art der Menschen zu viele gab, es gibt und auch in Zukunft zu viele geben wird. Mit denen sie selbst schon Erfahrungen gesammelt hatte. Natürlich gibt es vorschriftliche vorgangsfähige Anweisungen, die man befolgen muss, einhalten und entsprechend korrekt vorgehen. Wie es sich gehört …

Sollte Sylvia hier tatsächlich wieder handeln? Betrachtete sie ihn quasi aus der Ferne, dabei aber verhindern, sich intensive Gedanken über ihn zu machen, sollte Sinn geben. Er war nicht schlau, ganz im Gegensatz. Sie hatte schon festgestellt, dass er nicht richtig lesen und schreiben konnte. Aber er war gerissen, das hatte er bereits zur Darstellung gestellt. Es wäre einfacher gewesen, wenn sie mit diesen Nachbarn Kontakt hätte. So überdachte sie, dass es Sinn gab, mit den Eltern des Jungen einfach ein kurzes Gespräch machen zu sollen. Das nahm sie sich vor. Wobei sich tatsächlich andere darum kümmerten, was sie gut fand.

So folgte auch der längste Tag des Jahres und sie saß auf der Terrasse und wollte diesen einfach nur genießen. Der Knabe nebenan war mit seinen Eltern im Garten, auch genießend und das sehr laut. Es wurde spät, sie war kurz in der Küche und kam wieder zurück. Es war ruhig geworden. Seine Eltern werden ihn wohl in sein Bett gebracht haben, dachte sie. Sie setzte sich auf den Gartensessel und sah entspannt in Richtung des Innenhofes. Sie konnte aus der Sicht den oberen Teil des Bereiches von Emil Wolfbring betrachten. Dort stand er. Rhythmisch, wieder diesmal ohne Begleitung, bearbeitete er sehr intensiv scheinbar das Teil, das sich üblicherweise vorne in seiner Hose befand. 

Wolfbring sah widerlich aus. Er war wieder, wie eigentlich immer, betrunken. Er schwitzte, stöhnte und üblicherweise wird ein solches Verhalten als sich selbst befriedigen, onanieren, masturbieren bezeichnet. Dabei schon als alter Mann zu bezeichnen. Maximal 30 Sekunden benötigte er wohl zum Schluss seines Tuns. Doch sie schrie, auch noch, als Wolfbring es geschafft und die Flucht ergriffen hatte. Wobei es für ein solches Tun in der Öffentlichkeit ohne Absprache glatt als Exhibitionismus bezeichnet wird. Da war sie sich sicher. 

Was sie schockte war der Bereich an dem Zaun, der sich im Innenhof befand. Ein Bereich war von Abdrücken seiner Schuhe ausgefüllt. Natürlich hätte es sein können, dass Wolfbring sich für die junge Frau Nachbarin interessiert hatte. Sylvia war aber sicher, dass er dort den Knaben betrachten hatte und in ihm dabei viele Gefühle erweckt wurden. 

So tat Sylvia das, was eigentlich in solchen Sachen gemacht werden soll. Sie rief die Polizei, sie machte eine Anzeige und hatte dabei wirklich gedacht, alles richtig gemacht zu haben. Dabei hätte sie eigentlich besser umgehend nach einer neuen Bleibe in einem anderen Ort suchen sollen. Sie hatte doch schon jede Art von Erfahrungen gesammelt ...


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Tuna von Blumenstein

Mord in Genf

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