Text 3. Szene: Die Frau des Kinderschänders und die Gewalt

Natürlich dachte Sylvia, dass sie in diesem Moment, eine richtige Entscheidung getroffen hatte. Es wurde das getan, was auch zu tun war und jetzt auch noch ist, wenn solche Dinge geschehen.

Selbstverständlich nahmen die Experten Kontakt zu den Eltern des Knaben auf. Behutsam dürfte auch er in der Angelegenheit befragt worden sein. Der hatte sicher auch von den »Geheimnissen« berichtet. Wobei mit Sicherheit Emil Wolfbring dazu bei dem Knaben noch keine Möglichkeiten gehabt hatte. Bei ihm nicht, aber dafür bereits bei anderen Kindern. So, wie zu diesem Zeitpunkt Sylvia kein Opfer war, sie aber dafür für Wolfbring in anderer Art und Weise zum Opfer werden sollte und was auch dann, irgendwann auch, geschah.

Damals, als für sie sichtbar eine Tat geschah, musste das doch alles die Frau des Kinderschänders Doris Wolfbring mitbekommen haben. Es schien, als sei es Doris sogar vertraut. Natürlich ging Sylvia ihr aus dem Weg. Natürlich begegnete ihr trotzdem Doris, das war schwer zu verhindern, sie wohnten und wohnen vis à vis, auf der anderen Seite, quasi gegenüber und dabei eigentlich viel zu nahe, so fühlte Sylvia, sogar viel zu lange schon. Und dabei wirkte diese Doris, als wäre nichts geschehen.

Damals, so erinnerte sich Sylvia, kam für einen Moment der Gedanke, dass Emil Wolfbring Doris den Einsatz und Befragung der Polizei geheim halten konnte. Das ging irgendwie damals nicht so wirklich und auch nicht heute. Schreiben und auch lesen waren überhaupt nicht sein Ding. Um zu schreiben und lesen von Schreiben hatte sich Doris mit Mühe für beide gekümmert.

Es war bevor der Anschlag auf Sylvia stattfand. Sie erinnerte sich daran, dass der Nachbar Michael sie angerufen hatte. Er bewohnte, und auch das nach wie vor, die Wohnung über der von Sylvia. Ein ruhiger Typ, der seine Arbeit, und die auch noch anstrengend und eine harte Tätigkeit war und ist, dabei gradlinig durchführte, auch das nach wie vor. Es war auch nicht seine Art, Sylvia anzurufen, um sie mit irgendetwas vollzureden. Darum konnte sich Sylvia auch ganz genau an ein Telefonat erinnern, eines das Michael mit ihr geführt hatte.

Geschehen war etwas, auch, was sich im Sommer ereignet hatte. Ausgerechnet natürlich, an dem die Hitze ohne Gnade auf alle wirkte. Michael musste seine Arbeit fast in der Nacht beginnen, musste dann bereits zu Mittag seinen Feierabend machen. Es war wirklich ein Zufall, dass er im Treppenhaus Doris begegnete. Sie hatte sich wohl dabei aus dem Keller befunden und wollte zurück in die Wohnung. Sie hatte Michael nicht kommen hören, sie sah nicht, dass er sich bereits auf der Treppe zum 1. Stock befand. Er erzählte Sylvia später, dass Doris ihn wohl auch nicht sehen wollte, sie blickte auch so merkwürdig zu Boden, als würde es ihr peinlich sein, vielleicht doch gesehen zu werden.

Bekleidet war sie nur mit der Unterwäsche, Schlüpfer und Unterhemd. Sehen konnte Michael sie von vorne und auch die Rückenseite von ihr. Er sah halt nur das, was üblicherweise durch Kleidung bedeckt war. Unter normalen Situationen hätte er sicher auf einen Hinblick bei Doris verzichtet. Sie war oder ist auch nie eine Frau die seinem Interesse entsprach. Der Anblick an diesem Tag prägte sich bei ihm aber ein. Irgendwie fühlte er sich förmlich schockiert. So ruf er dann Sylvia an, um das Ereignis mit ihr zu besprechen.

In diesem Moment habe Michael die Haut von Doris Wolfbring in Grün und Blau gesehen. So bezeichnete er das.

Sylvia erzählte Michael, dass sie Emil Wolfbring schon gegenüber gestanden, wohl etwas auch in Abstand, was ihr auch sehr recht war. Sie sprach von der Art, mit der ihr schon Wolfbring bereits begegnet sei. Dann war auch sein Gesicht von Alkohol gerötet, schwitzend, die Stimme von ihm laut und schrill und seine wütenden Worte kaum zu verstehen. Dabei hielt er seinen Arm angewinkelt vor seinem Körper, hatte die Hand zur Faust gebildet. Seinen Daumen hatte er mit drei Fingern geschlossen. Dabei war seine Hand so feingliedrig und wie komplex aufgebaut. So bestanden sie aus Kraft, die auf andere Körper durchaus kraftvoll erscheinen können. Damit wollte Wolfbring drohen, auch damit klarmachte, dass er die Gewalt seiner Faust auch gegen Sylvia wenden wollte.

So bat sie Michael, auch seine Hand so zu probieren. So konnte Michael die Form an seinen mittleren Fingern feststellen, dass solche Formen den Körper von Doris umgab. Frisch gesetzt in klarem Blau, vor Tagen geführt in blassem Grün, schwach zu erkennen als gewesenes, was dem Neuen setzen Platz geben konnte. In der Gesamtheit für Michael eine furchtbare Sichtung einer Gewalt von dem, was auch als häusliche Gewalt zu erkennen war.

Später schildete der Nachbar Mio, der direkt über den Beiden wohnte, dass er hören konnte, wenn die Beiden stritten. Erst war es laut, dann war es plötzlich still. Manchmal wohl auch zu fest, dann konnte später gesehen werden, wie Doris sich mit Schmerzen am Körper vorwärts bewegte.

Sylvia fragte sich, später, dass sie auch getroffen wurde, aber wohl nur einmal. Das war schon wesentlich auf die Art, dabei aber wesentlich härter im Schlag, auch an anderem Ort, eben nicht auf den Körper wie bei Doris. Es war ein gezielter Schlag. Eine einfache Ohrfeige mit einer geöffneten Hand, kann bei dem richtigen Treffen auch einen Gehörverlust bewirken. Bei ihr war es aber mehr als das. Nicht, wenn die Gewalt auf diese Art und Weise ausgeführt wäre, nicht ein Körper, sondern nur auf ein Ohr.

Was es gibt und gab es eine Technik, um Gegner im Nahkampf unschädlich zu machen. Es gab Krieger, die es schafften, mit einer Ohrfeige ein Pferd stürzen zu lassen und damit den Feind gleich mit, was der mit seinem Leben bezahlen musste. Das konnte passieren, wenn man sich mit Kriegern der osmanischen Armee angelegt hatte. Darum auch so diese Form der Ohrfeige. Wobei Doris schon mit seiner Erscheinung weit entfernt von einem Krieger war und ist. Aber schon der Brutalität, die ihr Mann sich bestimmt über vielen Jahre zugelegt hatte, gehörte zu ihm und so kannte Doris ihn. Oder auch das Stockholmer Syndrom, wenn das Opfer positive Gefühle entwickelt, diese Ehefrau zu ihrem Ehemann, selbst dem Hund kann das passieren.

Für Sylvia sollte das nicht geschehen oder gelten ...


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Tuna von Blumenstein

Mord in Genf

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